1910-06-02 geboren in Berlin-Charlottenburg als Sohn des Ingenieurs Karl Iloff und dessen erster Frau Klara (geb. Mink).
1920 Schulbesuch in Berlin-Hermsdorf;
1929 Studium der Chemie in Leipzig;
1934 Promotion über eine unaussprechliche chemische Substanz und Arbeitsaufnahme als Chemiker bei einem der zahlreichen Betriebe der I.G. Farben -
seine Wahl fiel weder auf die BASF in Ludwigshafen noch auf Bayer in Leverkusen, sondern - wegen menschlich verständlicher Affinität zu einer Frau - auf Bitterfeld, wo er zunächst bei einer Zimmerwirtin eine Art Studentenbude bezog.
1935-06-08 heiratete er aber die 5 Jahre ältere Säuglingsschwester Annemarie Pank aus und in Borna und kam zu einer richtigen Wohnung - ab
1940 ausgerechnet in der Hitlerstraße. Aus jugendlichem Leichtsinn geriet er leider auch noch an eine Mitgliedsnummer der damals verkehrsüblichen Partei.
Am Arbeitsplatz machte er sich durch wissenschaftliche Arbeit in der Organischen Chemie und praktische Umsetzung in brauchbare Kunststoffe schnell unentbehrlich. Das funktionierte auch glänzend bei einem kurzen Auslandseinsatz
1941 in Italien. Er hatte ganz wesentlichen Anteil an der Realisierung des unamerikanischen Wegs der Großproduktion von PVC. Schon 1937 hatte eine Flut von letztlich mehreren Dutzend Patenten eingesetzt. Alles führte dazu, dass er als unabkömmlich nicht zum Wehrdienst eingezogen werden konnte. Auf diesem Gebiet fiel Ihm nur die Aufgabe zu, als Flakhelfer die Bombardierung seiner Fabrik zu unterbinden. Anders als zahlreiche Unglückliche in der gleichen Tätigkeit kam er unverletzt davon.
1945 kam es mit dem Ende der Krieges aber ganz dicke. Die Familie, inzwischen mit fünf Kindern gesegnet, war nach Sachsen evakuiert worden. Dort fielen - statt der amerikanischen Bomben - die Russen persönlich über sie her. In Bitterfeld ließen ihn inzwischen die Amerikaner die Straße fegen - zur Belohnung für die Genossenschaft in der verkehrsüblich gewesenen Partei. Dann stürmten die roten Befreier die Wohnung. Die Familienzusammenführung quer durch die zertrümmerte Heimat in einer neuen Bleibe in Bitterfeld ließ wenig Zeit zum Wiederaufbau:
1946-10-22 klingelte es im Morgengrauen Sturm. Vater Iloff mit kompletter Familie, Möbeln und Hausrat wurde Hals über Kopf in einen Eisenbahnzug verfrachtet und fand sich dort im Verlauf einer Woche mit anderen kollegialen Leidensgenossen auf dem Weg nach Russland wieder. Was war geschehen? Neben zahlreichen weiteren sogenannten "Spezialisten" wurde Chemiker Iloff in Russland gebraucht, um die in Deutschland demontierten Fabriken wieder zusammen zu setzen und zum Laufen zu bringen. Dort sprang er wieder dem Tod von der Schippe, indem er von einem Labor-Unfall genas, der ihm einen stabilen Behälter ins Gesicht schleuderte. Die ganze Deportation kostete fast fünf verlorene Jahre fern der Heimat.
1951 zurück im vertrauten Bitterfeld war die erlösende Befreiung, bevor sich die Erkenntnis durch setzte, dass man sich unter die repressive Fuchtel von Vasallen der Eroberer begeben hatte. Aber die Angst reichte nicht zur Flucht nach Kanada - oder auch nur bis zu den ehemaligen Komilitionen nahebei im Goldenen Westen. Man richtete sich in einer akzeptablen Villa ein und ließ aus Schrott einen fahrbaren DAIMLER zusammen setzen. Damit man den Dreck darauf nicht sieht, wurde das Gerät folgerichtig dreckfarben lackiert. Die dreckigste deutsche Stadt Bitterfeld ließ es nämlich Krümel von Briketts regnen und stank - jetzt in der Nase. Schon
1952 durfte er nach Schkopau wechseln, um im BUNA-Werk auf Einzelvertrag Abteilungsleiter zu sein und weiter Kunststoffe, Kunststoffe und wieder Kunststoffe zu erfinden, zu erforschen und zu machen. Da stank es auch, aber aromatischer als in Bitterfeld. Die Werkssiedlung war sehr vornehm - fast noch I.G.-like. Alle Kollegen waren noch da - zunächst. Das änderte sich unaufhörlich, und immer wieder wurde über Nacht eine Behausung frei. Die Verbliebenen wähnten sich in einem regelrechten "West-Bahnhof" angesiedelt. Wieder kam er mit dem Leben davon, als ihm aus der Flüssiggas-Anlage seines Puzzle-DAIMLERs eine Stichflamme ins Gesicht schoss. Ab und zu flog in BUNA auch ein Kessel in die Luft, was bohrende Fragen der Obrigkeit aufwarf. Und die nunmehr verkehrsübliche Partei drängelte, aber nix da: Iloff wollte nie wieder unfreiwillig Straße fegen. Er schaffte trotzdem Studienplätze für seine Kinder herbei, die keine solchen des Arbeiters und Bauern waren, sondern nur abscheuliche Ausgeburten eines politisch abstinenten Bürgerlichen.
1957 verabschiedete sich der Erste derselben konspirativ zum Studienplatzwechsel aus der pseudoszialistischen Realexistenz ins westliche Lager. Die heimischen Pressionen wurden folglich gemeiner. Das Bleiben schmeckte immer weniger und das Entkommen wurde immer unmöglicher.
1961 hatte die zweite Tochter den richtigen Riecher und entwischte eine Woche vor der Mauer der real existierenden Oligarchie. Die Falle war zu: Keine weltweiten Dienstreisen mehr, man hatte sich im roten Orient zu tummeln und brachte es schließlich zu einer respektablen Repräsentanz der DDR-Chemie im RGW. Wo das Leben nicht lustig ist, setzt sich Arbeitswut durch: Ein ganzes Bündel von Orden als Verdienter Erfinder und Aktivist bis zum Nationalpreis 2. Klasse honorierte den ganz und gar unpolitischen chemischen Bienenfleiß immer wieder.
1973 gab es ein typisches Opfer der besonders gemeinen Retourkutsche der Wandlitzer Oligarchen auf die gefeierte Ostpolitik von Willy Brandt: Weil es der abtrünnige Sohn als "Westkontakt" wagte, zur Hochzeit seiner Schwester als Gast anzureisen, durften sich die Eltern des Bräutigams nicht auf die gleiche Veranstaltung wagen! So entging ihnen eine der zahlreichen privaten Glanzleistungen des Vaters, trotz der noch anhaltenden beruflichen Belastung eine generalstabsmäßig bis auf die Minute durch geplante Feier abzuspulen.
In der Fabrik gab es Ärger. Die Obrigkeit hatte nicht geschlafen bei der Anstrengung, den hoch angesehenen Klassenfeind durch nachgewachsenes Personal überflüssig zu machen. Als es so weit war, ließen es die Menschenschinder ihr Opfer deutlich merken und schickten ihn
1975 ausgelaugt in Rente. Angewidert übernahm er in Halle von einem republikflüchtigen Kollegen den staatlich gepfuschten Neubau eines Bungalows und vertiefte sich trotzig in dessen Fertigstellung: "Ich verstehe überhaupt nicht, wie ich früher noch zur Arbeit gehen konnte - jetzt als Rentner habe ich ja überhaupt keine Zeit übrig." Gegen übermäßigen Rentnerfrust konnte er mit der Übersetzung von Fachliteratur und einer Dozententätigkeit in Merseburg ankämpfen.
Privat reichte die Zeit noch, um für die kleinste Tochter eine stabile Bleibe in Jüterbog aufzutreiben und zu finanzieren. Diese Maßnahme sollte sich als brillanter Einfall erweisen, wie man heute weiß.
1989 war das Haus in Halle einigermaßen fertig, da verlangte die Wende den Einbau von Aggregaten, deren Notwendigkeit eine Wende immer mal wieder mit sich bringt. Also Basteln, Basteln, Basteln ...
1990 musste auch noch das Grundstück gekauft werden, damit das Haus weiter darauf stehen bleiben durfte. Ersteres wollte man ihm dann wieder weg nehmen, weil es der Marktwirtschaft nicht passte. Dann durfte er es doch behalten. Traurig machte ihn aber die vorerst ausbleibende Bewunderung seiner beruflichen Leistungen aus dem Lager der endlich wieder ungehindert vernetzten Fachwelt.
Kaum waren die Dinge wieder einigermaßen im grünen Bereich, wurde die Frau so krank, dass großfamiliäre Betreuungsverhältnisse geboten waren. Also wieder weg mit dem Haus und
1996 hinein in den Unterschlupf von Jüterbog. Dort waren die Amerikaner freundlicher als seiner Zeit in Bitterfeld: Sie kamen mit einer Stretch-Limousine zwecks Ehrenbezeugung in dem renovierten BUNA-Werk samt feierlicher Würdigung seiner wissenschaftlichen Leistungen für die Kunststoff-Chemie.
Als die altersbedingte Schwäche
1997 auch ihn selbst erwischte, war er - jetzt zahlte sich der richtige Riecher aus - in Jüterbog bereits in familiären und nachbarlich engagierten Guten Händen. Er hatte wieder Glück und war nicht krank, nur schwach - und das immer mehr. Zwei überstandene Weltkriege, eine riesige Familie in einer anstrengenden Ehe, häufige Wechsel der Umgebung und politischer Irrsinn hatten seiner Stabilität zugesetzt. Gelegentliche schwächebedingte Leiden überstand er schließlich - außer dem letzten Mal an
2001-04-08-20-15, als er eine Woche vor Ostern doch von Frau und Kindern Abschied nehmen musste. Weil er immer ein berliner Spaßvogel war, darf er hier original zitiert werden: "Alles hat ein Mal ein Ende, nur die Wurscht hat drei" ... ???? ... "Vorne eins und hinten eins und wenn se alle is."
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